Das weisse Band

Für einen Krieg braucht man keine Soldaten. Man braucht nur Kinder. Welche, die von ihren Eltern unterdrückt und geschlagen wurden.

Ein protestantisches Dorf, in dem die Kinder zur Erinnnerung an ihre Unschuld ein weißes Band umgebunden bekommen.
Eltern, die meinen, ihre Kinder perfekt zu erziehen.
Kinder, die keine Lust mehr auf Strafen und Manieren haben.
Plötzlich eine Reihe seltsamer Vorfälle und ein Dorflehrer, der Verdacht schöpft…

Das titelgebende weiße Band ist in Hanekes Inszenierung nur eines von vielen, perfekt zusammengefügten Puzzleteilen. Ebenfalls ist es nur ein winziger Teil der strengen Erziehung damals. So werden die Eltern mit "Herr Vater" und "Frau Mutter" angeredet, Forderungen und Wünsche bedingungslos erfüllt und Strafen ohne Schmerzenslaut ertragen. Letzteres ist ein äußerst interessanter Aspekt. Haneke inszenierte ihn
nämlich nicht gewaltverherrlichend und dramatisch, sondern in langen Plansequenzen hinter verschlossenen Türen. Dennoch wird der Zuschauer in keinster Weise vom Geschehen ausgeschlossen, jedefalls nicht mehr, als die übrigen Hausbewohner auch.
Sowieso zieht der monochrome
Film das Publikum sofort in seinen Bann. Er versetzt
nicht nur automatisch in eine
andere Zeit, die düstere Atmosphäre mancher Szenen verursacht sogar bei Horrorfans Herzklopfen.
Auch der Inhalt trägt nicht wenig zu der ungeteilten Aufmerksamkeit bei. So ist es für das doch eher etwas ältere Publikum schließlich immer noch ein Thema, wie sie ihren Nachkommen Manieren beibringen. Im Film meinen die Eltern nämlich, durch Unterdrückung alles zu erzielen, was Erziehung
erfordert. Da haben sie nur leider die Rechnung ohne den Wirt gemacht, schließlich spielen die Kinder dabei die wichtigste Rolle. Sie haben zwei Gesichter; vor allen Erwachsenen sind sie folgsam und ehrerbietend, doch untereinander sinnen sie auf Rache und sind zu Grausamen fähig. Außer dem Dorflehrer traut sich niemand, den Verdacht zu äußern, dass die Kinder etwas mit den Vorfällen zu tun haben könnten, dennoch merkt es jeder. Womit man nun völlig in einem endlosen Teufelskreis verloren wäre. Schließlich sind auch die Eltern nicht beschränkt und nehmen das seltsame Verhalten ihres Nachwuchses wahr, doch meinen sie, diese in Schutz nehmen zu müssen, es würde ja Schande über die Familie bringen. Wer hat denn nun Recht? Die Eltern, die Kinder, Niemand, Alle? Klingt leicht verwirrend, ist es aber nicht. Haneke drehte mehrere kleine Geschichten, die doch alle irgendwie zusammenhängen, ja fast an einen Episodenfilm erinnern. Begleitet wird das Ganze erstaunlicherweise nicht von Musik. Man vermisst diese aufgrunde des tollen Tons aber auch gar nicht. Manch einer wird sich unter "tollem Ton" nichts vorstellen können. Naja, wenn die Fliegen in dem Film so laut summen, dass die Kinobesucher es bereuen, die Fliegenklatsche zu Hause gelassen zu haben, dann ist das "toller Ton".
Auch Kameramann Christian Berger hat ganze arbeit geleistet. Eine wunderbar ruhige Führung, die den Zuschauer in der Tanzszene dann trotzdem zum Tanz auffordert.
Nicht zu vergessen und überhaupt der Höhepunkt des ganzen Films sind die grandiosen Kinderdarsteller. Böse, unschuldig, süß, neugierig - mit alle dem und noch mehr überzeugen sie trotz ihres jungen Alters mühelos. Auch ganz alltägliche Dinge wie Fragen nach dem Tod, die teilweise sogar äußerst amüsant sind, kauft man ihnen sofort ab.

von Mara 15 Jahre, Redaktion Köln 1 am 10.11.2009, Format: Film

Fazit

20 Jahre musste Regisseur Michael Haneke warten, bis sich jemand bereit erklärte, die ganze Idee zu finanzieren. Doch das lange Warten hat sich gelohnt. Nicht nur, weil "Das weisse Band" die goldene Plalme in Cannes bekam und Deutschlands Kandidat fürs nächste Oscarrennen ist, sondern einfach weil der Film ein Meisterstück ist.

Weitere Informationen

  • Deutschland 2009
  • Drama
  • Regisseur/in: Michael Haneke
  • Darsteller/innen: Christian Friedel, Burghardt Klaussner, Ulrich Tukur
  • FSK: ab 12 Jahren
  • Länge: kommt min.

Gesamtwertung

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