»Löcherkäse aus Beton«

Mitten in Frankfurt an der Oder ziert sich das Landschaftsbild mit Dutzenden von Hochhäusern –Betonblöcke- die meisten darunter unbewohnt und bald schon abgerissen, ...

„Ich habe das Gefühl, die krachen bald ein“. – Christian, 12 Jahre, erzählt über seine Erfahrungen, Ängste und Hoffnungen.
Mitten in Frankfurt an der Oder ziert sich das Landschaftsbild mit Dutzenden von Hochhäusern –Betonblöcke- die meisten darunter unbewohnt und bald schon abgerissen, denn immer mehr Menschen verlassen ihre Heimatstadt aufgrund der unzureichenden Lebensbedingungen dort.
Keine Arbeitsplätze, keine Zukunftsperspektiven für Jugendliche, Rassismus, Vorurteile und keinen Bezugspunkt außer die eigenen Freunde.
Mit diesen Themen befasst sich der Dokumentarfilm „Löcherkäse aus Beton“.

Nancy (14 Jahre): „Ohne Freunde wäre es hier langweilig, man hätte keine Perspektiven und kein Selbstbewusstsein.“ Doch selbst die eigenen Freunde ziehen nach und nach weg und so zweifeln immer mehr Jugendliche daran, was sie mit ihrer Zukunft anfangen sollen. Kinder spielen in einem verlassenem und heruntergekommenen Haus, da sie keine anderen Möglichkeiten haben. Manch jemanden scheint dies zu schocken; in Frankfurt an der Oder ist dies jedoch der ganz normale Alltag der Kinder.
„Berlin ist noch schlimmer, oder“?
Fragen um Fragen und das seltsame Gefühl in dieser Stadt nicht voranzukommen, sondern immer einen Schritt mehr zurückzugehen. Vor allem aber der Aspekt, dass die Jugendlichen aufgrund der zu hohen Arbeitslosigkeit aus ihrer Heimatstadt wegziehen müssen, obwohl die meisten gar nicht wollen, lässt Fragen und große Zweifel in den Gesichtern aufkommen.
„Das ist doch Scheiße, dass man hier wegziehen muss, nur damit man Geld verdienen kann“ – „Ich würde schon gerne hier bleiben“.
Hier sehen die Jugendlichen sich mit ihren Wünschen, Vorstellungen und der harten Realität konfrontiert. Auch haben einige den Ernst ihrer Situation noch nicht erkannt und schweben noch in kindischen und hoffnungsvollen Wunschvorstellungen, darüber wie ihre Zukunft wohl aussehen wird.
„Ich möchte nach der zehnten Klasse mein Abitur machen. Das ja glaube ich auf meiner Schule“, sagt der zwölfjährige Christian.
Hier wird vor allem die Unwissenheit einiger Kinder deutlich. Ob dies jedoch der Grund und gleichzeitig die Folge für fehlende Perspektiven ist?

Ein viel wichtigeres Thema: Was verbinde ich selber eigentlich mit Frankfurt? Mit dem Osten? Der achtzehnjährige Felix berichtet über seine Erfahrungen hinsichtlich eines Schüleraustausches mit Duisburg. „Viele Duisburger konnten sich noch nicht einmal vorstellen, dass es auch Häuser bei uns in Frankfurt gibt“, sagt er. Dies ist das Ergebnis falscher westlicher Vorstellungen gegenüber dem Osten. Der Osten wiederum habe falsche Vorstellungen gegenüber dem Westen. Der Grund dafür? Vorurteile.
Viele verbinden auch mit Frankfurt Ausländerfeindlichkeit - „leider“ sagen die meisten.

Hierbei befasst sich der Dokumentarfilm auch mit einem sehr wichtigen Thema, nämlich Rassismus und vor allem der Frage: Was unterscheidet die Menschen dort drüben eigentlich von uns? Viele Vorurteile herrschen gegenüber dem nachbarlich gelegenen, polnischen Slubice, zum Beispiel des „Klauens“. Hier kommt vor allem die Voreingenommenheit einiger Frankfurter zum Vorschein. Dass dieses Vorurteil jedoch auf einen historisch und armutsbedingten Aspekt zurückgeht, daran denkt wohl niemand. Dabei verbinden die beiden Nachtbarstädte mehr als man denkt: Bis auf den wesentlichen Aspekt, dass Slubice damals Frankfurt angehörte übersieht man leicht, dass beide Städte in etwa den selben schlechten Umständen leben und man darin doch eher Gemeinsamkeiten als Unterschiede finden könnte.

von bianca.s Redaktion doxs! Duisburg 2009 am 21.12.2009, Format: Film

Fazit

Mit meiner Kritik über den fünfundvierzigminütigen Dokumentarfilm „Löcherkäse aus Beton“ komme ich zu dem Schluss, dass der Film unter der Regie von Susanne Wodraschke sehr gelungen ist, denn er befasst sich mit einem sehr realistischem und meines Erachtens nach auch einem sehr wichtigem Thema. Ich finde es ist gut seine Schwerpunkte auch mal einem Thema zu widmen, mit dem man nur sehr ungern konfrontiert wird. Doch genau darin liegt auch die Wichtigkeit dieses Themas. Meiner Meinung nach gibt es genügend Jugendliche, die sich mit dem Thema des Dokumentarfilms identifizieren können. Allerdings sollte man nicht mit zu hohen Erwartungen an den Film gehen, denn er ist sehr einfach gemacht, was allerdings auch dem Genre Dokumentarfilm entspricht. Besonders interessant finde ich jedoch den Aspekt, dass während des Films viel mit Off-Tönen gearbeitet wurde. Erst später wird einem klar, dass die eigentliche Erzählstimme einem Kind entspringt, das über sein Leben berichtet, was mich sehr stutzig und zugleich auch nachdenklich gemacht hat. Die Tatsache, dass es Kinder sind die sprechen, sollte meiner Meinung jedem deutlich machen mit was für unterschiedlichen Lebendbedingungen jeder aufwächst. „Löcherkäse aus Beton“ ist hinsichtlich des Themas ein sehr interessanter und aufschlussreicher Film. „Über uns wohnt ein Käseloch. Ich nenn den Käsemann, weil der immer Löcher bohrt. Der baut aus seiner Wand Löcherkäse. Dann verkauft er den wahrscheinlich. Hämmert er raus und dann hat er Löcherkäse...aus Beton“ (Christian, 12 Jahre)

Weitere Informationen

  • Deutschland 2006
  • Dokumentarfilm
  • Regisseur/in: Susanne Wodraschke
  • Darsteller/innen: Christian, Nancy, Felix (Protagonisten)
  • FSK: ab 6 Jahren
  • Länge: 45 min.

Gesamtwertung

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