who am I (Film)

"Who am I - Kein System ist sicher!" Wer weiß was und weiß überhaupt jemand, was wer weiß oder ist?"

Der Film „Who Am I“ ist ein deutscher Thriller, der unter der Regie von Baran bo Odar entstand und am 25.September 2014 seinen Kinostart feierte. Er handelt von Benjamin Engel, der unter dem Decknamen „WhoAmI“ im Darknet bekannt ist und sich dort mit der Hackergruppe Clay einen großen Namen erschaffen hat.

 

Der Protagonist, der von Tom Schilling verkörpert wird, und die anderen Mitglieder der Hackergruppe, in der er mitwirkt, möchten wieder abtauchen, weshalb er sich dem Geheimdienst stellt, aber nur mit der ehemals für den „Fr13nds“-Fall zuständigen Ermittlerin Hanne Lindberg reden möchte.

Er erzählt Lindberg, dass er mit seinen Freunden der Hackergruppe Clay für viele Angriffe auf zum Beispiel Pharmakonzerne und Parteien verantwortlich ist. Ihr größter Coup sei der Angriff auf den BND gewesen.

Im Zuge seiner Erzählung kommt auch heraus, dass er der Grund für den Tod des Hackers Crypton verantwortlich ist, da er, auf der Suche nach Anerkennung, Angestelltenlisten des BND veröffentlicht hat, auf denen auch Crypton als V-Mann niedergeschrieben ist, woraufhin diese Information von MRX an die „Fri3nds“ weitergegeben wird, welche Crypton im Zuge des Films töten.

 

Trotz der Plausibilität der Geschichte, fallen dem Ermittler des BKA, der eigentlich den Fall „Clay“ leitet, gewisse Ungereimtheiten auf, die er sich nicht erklären kann.

Aufgrund dieses Hinweises beginnt Lindberg nachzuforschen und findet heraus, dass viele Teile der Geschichte, die Benjamin ihr erzählt hat, nicht stimmen können. Zudem findet sie heraus, dass Benjamins Großmutter an Schizophrenie leidet und durch die Einnahme des Ritalins, welches Benjamin von Zeit zu Zeit nutzte, diese auch bei ihm ausgelöst worden sein könnte. Als der Ermittlerin anschließend Parallelen zwischen Verletzungen in Benjamins Bericht und ihm selbst auffallen, steht für sie fest, dass Benjamin ebenfalls unter Schizophrenie leidet und somit keinen Platz im Zeugenschutzprogramm erhalten kann.

Dennoch gibt sie Benjamin, als sie ihn dem Haftrichter vorführen soll, fünf Minuten Zeit, um sich in das Zeugenschutzprogramm einzuschreiben.

Von da an verstrickt sich die Geschichte noch mehr...

Die Idee, einen Film über einen Hacker zu drehen, ist bestimmt nicht die allerneueste. Dennoch macht der Film einiges besser als vergleichbare Vorgänger, indem er nicht geradlinig verläuft, sondern immer wieder die Schlenker in die Gegenwart wagt und nicht bei einer festgefahrenen Erzählweise bleibt. Das Spiel mit den Zeitebenen ist hier ein interessanter Aspekt. Zusätzlich dazu entstehen durch geschicktes Berichten, welches durch den Protagonisten Benjamin Engel umgesetzt wird, immer wieder Situationen, die nicht sofort in das Bild, welches man sich von dem Film bis zu derartigen Stellen gemacht hat, passen. Dies wirkt manipulativ und löst beim Zuschauer Verwirrung aus.

Die Besetzung der Charaktere ist optimal gewählt und fügt sich hervorragend in den Film ein. Die eingesetzten Schauspieler passen sowohl vom Erscheinungsbild als auch von der schauspielerischen Leistung gut zu den Charakteren, die im Film gezeigt werden, denn gerade zum anfangs schüchternen Protagonisten hätte zum Beispiel kein großer und athletischer Schauspieler gepasst.

Benjamin Engel ist eigentlich ein schüchterner Junge, was sich vor allem darin äußert, dass er sich von allen anderen herumschubsen lässt und sich immer sehr zurückhält. Dies kann durch den frühen Selbstmord seiner Mutter, das Aufwachsen bei seiner schizophrenen Großmutter und das Nichtvorhandensein seines Vaters mitbeeinflusst sein.

Dennoch bringt er auch großen Mut auf, da er zum Beispiel für seine erste große Liebe die Prüfungslösungen stehlen möchte oder mit seinen Freunden in den BND einbricht, obwohl er eigentlich nur auf das Hacken von Systemen spezialisiert ist.

Die Figur des Benjamin durchläuft also einen sehr starken Wandel, der die Möglichkeiten von Identitäten zeigt.

Auf der Ton-, Bild- und Kameraebene zeigen sich etliche Besonderheiten, die die Eigenarten des Films unterstreichen. Der Ton zeichnet sich durch eine ausgewählte Soundcollage aus, die z.B. im Intro aus einfachen Samples besteht:

Monotonie, ein dunkler Ton, Verzerrungen, Dämpfungen, wenige Realgeräusch wie Herzschlag etc. Dieses Soundintro zieht den Zuschauer in die düstere, einsame und undurchdringliche Atmosphäre hinein.

Vor allem Kamerafahrten und Animationen werden dem Wirr-Warr des Films entsprechend komplex eingesetzt, wobei sich der Spiegel in der Disko hervorheben lässt, welcher gut inszeniert wurde und das Doppelspiel mit der Identität des Protagonisten betont.

 

Besonders gut war die Darstellung des Darknets wie eine U-Bahn, da so auch Zuschauer, die nicht stark in die Materie des Darknets vertieft sind, einfach nachvollziehen können, was genau während der Zeit von Clay im Internet genau passiert. Der Sound verändert sich in diesen Szenen so, dass das Undurchdringliche und schwer Greifbare der virtuellen Welt hörbar gemacht wird: eine Soundcollage, die abgedämpft und bedrohlich wirkend mit der Grundlage eines Synthi-Basses erzeugt wird.

Zudem wurden die Maskierungen der einzelnen „Bahn-Benutzer“ hervorragend gewählt und nachvollziehbar angewendet, da man erkannte, in welcher Beziehung sich die vier Mitglieder Clays zu den Individuen des Darknets befinden und mit wem sie bereits gearbeitet haben.

 

Eine gut umgesetzte, aber dennoch offene Frage ist, ob Benjamin nun wirklich gesund oder schizophren ist, denn offensichtlich existiert die Figur Marie, die von Hanne Lindberg besucht wird. Diese gibt nämlich bei der Befragung an, dass sie seit der Grundschule nichts über Benjamin Engel gehört habe. Zudem sieht man in der Szene, wo die Ermittlerin Lindberg mit Benjamin im Auto sitzt, eine Person mit einer Maske von Clay im Hintergrund, die nicht in die Szene passt. Fest steht also, dass Benjamin sich diese Figur eingebildet haben muss, aber die Frage ist, ob er sich noch mehr Personen, wie zum Beispiel Max, Stephan und Paul einbildet und somit unter einer gespaltenen Persönlichkeit leidet.

Das Ende des Films ist sehr geschickt umgesetzt, da auch hier diese Frage vielleicht nur scheinbar gelöst wird: Vordergründig scheint die Geschichte auf einen social-engineering-Trick zu setzen, da Benjamins Freunde zum Ende des Films wieder in der Realität auftauchen, er demnach vermutlich seine Pläne mit ihnen real fortsetzt. Aber der Hinweis Benjamins auf die vier Zuckerwürfel, von denen drei in den Hintergrund treten (in der Hand versteckt) und einer sichtbar bleibt, könnte auch auf der schizophrenen Ebene gedeutet werden. Über die Ausgangsfrage des Films „Who am I“ erhält der Zuschauer eine scheinbar sichere Antwort. Aber ist es wirklich so?

(14) , Gastkritik vom 19.02.2016, Format: Film

Fazit

Die Hauptaussage tätigt der Film bereits zu einem großen Teil selbst. Einer der Leitsätze, nämlich „No system is safe“, und die Aussage „Die größte Sicherheitslücke ist der Mensch“ des Protagonisten Max ergänzen sich hervorragend und können so zusammen eine Aussage bilden: Ein System kann nicht zu 100% sicher sein, da Menschen manipulierbar sind. Der Film „Who Am I – Kein System ist sicher“ kann sich ohne Probleme mit seinen Konkurrenten der Kategorie Thriller messen und überrascht positiv, wenn man noch nicht viele Filme dieser Art gesehen hat. Diese Kritik enstand im Rahmen der SchulKinoWochen NRW 2016.

Weitere Informationen

  • Deutschland 2014
  • Regisseur/in: Baran bo Odar
  • FSK: ab 12 Jahren

Gesamtwertung

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