Freudenhaus
Für nicht wenige ist es die Horrorvorstellung schlechthin: die Haare werden grau, die Gelenke klapprig, die Haut faltig und das Gedächtnis lässt langsam nach. Kurz, das Alter schlägt mit all seinen Zügen zu und derart gebeutelt wird man auch noch für den Rest seines Lebens in eine triste Anstalt, eben in ein Altersheim, verbannt.
Vielleicht ist es genau diese tiefverwurzelte Angst vor dem letzten Teil des Lebens, die Regisseur Veit Helmer und seine 30-köpfige Arbeitsgruppe zu ihrem 2001 erschienenen Kurzfilm „Freudenhaus“ inspiriert hat. Statt trostlosem Ableben im einsamen Heimzimmer, entdeckt Veits Protagonistin Frau Lingner (wunderbar erfrischend gespielt von Vera Kluth) trotz Gebrechen noch einmal den besonderen Reiz des Lebens. Objekt der Begierde ist hier der „Essen-auf-Rädern-Zivi“ Holger (Sven Philipp) , der in seiner Naivität jedoch nichts von dem frivolen Spiel der doch so lieben Omi zu durchschauen scheint. So schreibt er zum Beispiel Frau Lingners Unkenntnis über den Aufenthaltsort ihrer eigenen Geldbörse dem etwas dementen Geisteszustand der alten Dame zu und sucht freundlich und ganz der zuvorkommende Vorbilds-Zivi nach dem Portemonnaie. Währenddessen genießt die Omi einen ausgiebigen Ausblick auf sein Hinterteil.
Helmer treibt dieses obszöne Verhalten der alten Dame bis an den Rand des tiefverwurzelten Tabus der Generationstrennung.
Und trotzdem ist „Freudenhaus“ kein anzüglicher Film. Mit dem Charme der verschmitzten Frau Lingner und der jungenhaften, beinahe unschuldigen Naivität des Zivis gelingt es ihm viel mehr, sowohl das Tabu als auch die Furcht vor dem Altern gehörig zu veräppeln. Und gleichzeitig enthält der Kurzfilm trotz seiner fröhlichen Art auch noch eine andere Botschaft, eine leise Gesellschaftskritik, die die strikten Verhaltensregeln der Moderne humorvoll auf die Schippe nimmt- ohne jedoch eine allzu bedeutungsschwere Atmosphäre zu erzeugen.
Julia, 17 Jahre , Gastkritik vom 19.08.2007
Fazit
Alles in allem ist „Freudenhaus“ ein gelungenes Kurzwerk, das wieder einmal zeigt, dass auch fernab der Welt von Showeffekten und bildgewaltiger Kulisse ein durchaus tiefgehender Film möglich ist. Und, was noch viel wichtiger ist, dass auch ohne junge, hübsche Schauspieler ein Film möglich ist, der nur so von Lebensenergie sprüht.Weitere Informationen
- Deutschland 2001
- Komödie/Kurzfilm
- Regisseur/in: Veit Helmer
- Darsteller/innen: Sven Pilipps, Vera Kluth
- FSK: ab 12 Jahren
- Länge: 5:30 min.
Gesamtwertung
Kontakt
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