Ein Sommer in New York - The Visitor
"Ich gebe vor, dass ich fleißig bin, dass ich arbeite, dass ich schreibe. Die Wahrheit ist, dass ich seit geraumer Zeit überhaupt nicht gearbeitet habe. Ich tue ganz und gar nichts."
Der Unipofessor Walter Vale weiß seit dem Tod seiner Frau nichts mehr mit seinem Leben anzufangen. Deshalb beschließt er sich eine Auszeit von seinem Job zu nehmen und in seine alte Wohnung in New York zurückzukehren. Dort wartet eine Überraschung in Form zweier illegaler Einwanderern auf ihn. Nach einigem hin und her beschließt Walter, die beiden auch weiterhin bei sich wohnen zu lassen. Das junge Paar wird ihm immer sympathischer, besonders mit dem lebensfrohen Tarek freundet er sich schnell an. Von ihm lernt Walter zu trommeln und auch sein Leben wieder zu genießen. Doch dann wird Tarek in der U-Bahn festgehalten und von der Polizei mitgenommen. Es beginnt der Kampf dem Tarek und seine Freundin Zainab entgehen wollten: Tarek sitzt wochenlang im Gefängnis und muss zusehen wie seine Mutter und Walter darunter leiden, so gut wie gar nichts für ihn tun zu können. Jeden Tag muss er fürchten, abgeschoben zu werden. Für seine eigene Geschichte, für die Gründe seiner illegalen Einwanderung, interessiert sich keiner- außer dem sonst so reservierten Walter.
Es ist kaum zu fassen, dass dies Richard Jenkins’ erste Hauptrolle in einem Film ist. Und das, wo er doch schon seit Jahrzehnten in der Filmbranche arbeitet.
Er trägt diesen Film auf seinen sich nie entspannen wollenden Schultern, und bringt ihn so sicher durch die etwas schwächeren Stellen. Mit seiner stets ernsten, und fast immer unbewegten Mimik, überzeugt er so viel mehr als die anderen beiden, viel lebendigeren, Darsteller. Auch diese Schauspieler sind sehr gut in dem was sie tun, aber Hiam Abbass und Haaz Sleimann scheinen so wenig wandlungsfähig zu sein. Im Endeffekt sind sie nur kleine Statisten, weil sich von Anfang an alles auf Jenkins konzentriert und nach ihm richtet. Am Ende ist der Zuschauer fast schon wütend, weil Jenkins für seine Leistung keinen Oscar sondern nur eine Nominierung für diesen bekommen hat.
Neben dem herausragenden Schauspiel ist es vor allen Dingen auch das Drehbuch von Regisseur Thomas McCarthy, das den Zuschauer entführt. Die Geschichte, in der eigentlich nicht allzu viel passiert, was sie für ein breites Publikum interessant machen würde, kommt so authentisch rüber, dass es atemberaubend erscheint. Dabei protzt der Film nicht mit einer besonders tollen Kameraführung, oder dem besten Schnitt. Es wird nicht gemogelt. Man verlässt sich eben auf das, was den Grundstein für einen guten Film legt: ein solides Schauspiel und eine überzeugende Geschichte.
Die ganz besondere Stärke von McCarthys Drehbuch ist, dass er ganz ungeschönt und ehrlich von dem Schicksal einer Familie erzählt, mit der sich der normale Kinobesucher eigentlich so gar nicht identifizieren kann. Aber am Ende hat der Regisseur für sich selbst eine Herangehensweise an die Thematik gefunden, die den Zuschauer zwar schockiert, aber trotzdem nicht überfordert.
Ganz zuletzt überzeugt McCarthys Film noch mit einem schlichtweg tollen Soundtrack. Es gibt einfach keine Szene, in der die Musik unpassend wirkt. Leise, manchmal melancholisch, manchmal fröhlich, aber immer genau richtig werden die Szenen von der Musik von Jan A. P. Kaczmarek untermalt.
Es ist diese Kombination aus Jenkins herausragendem Schauspiel, McCarthys authentischem Drehbuch und Kaczmareks toll komponiertem Soundtrack, welche den Film so überzeugend auf den Zuschauer wirken lässt.
von Redaktion Köln 1 am 13.07.2010, Format: Film
Fazit
Ein kleines Meisterwerk, das ganz neue Maßstäbe setzt.Weitere Informationen
- USA 2007
- Drama
- Regisseur/in: Thomas McCarthy
- Darsteller/innen: Richard Jenkins, Hiam Abbass, Haaz Sleiman, Danai Jekesai Gurira
- FSK: Ohne Altersbeschränkung
- Länge: 108 min.
Gesamtwertung
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