Das Kabinett des Dr. Parnassus

Du bist 1000 Jahre alt, wettsüchtig und drohst, deine Tochter wegen einer verlorenen Wette an den Teufel zu verlieren...

Der inzwischen bereits über 1000 Jahre alte Dr. Parnassus zieht mit seinem heruntergekommenen, altmodischen Kabinett durch London. Das Geschäft läuft schon seit Jahrzehnten nicht mehr gut, doch aufgrund seiner Wetten mit dem Teufel ist der alte Mann dazu verdammt, für immer in dem Kabinett zu arbeiten. Außerdem wird er seine geliebte Tochter Valentina an ihrem 16. Geburtstag an das Böse verlieren.
Doch der Teufel gibt Parnassus noch eine Chance - und schickt ihm Tony, mit dessen Hilfe Parnassus vor dem Teufel fünf "Seelen" überzeugen soll, sich dem alten Mann anzuschließen. Nur spielt das Böse nicht fair…

Um "Das Kabinett des Dr. Parnassus" wurde erstaunlich wenig geworben, bedenkt man, dass es sich hierbei um Heath Ledger‘s letzten Film handelt. Abgesehen von diesem Fakt hörte sich die Story auch nicht sonderlich vielversprechend an, ebenso wenig wie die Kritiken.

Doch zumindest dem verstorbenen Schauspieler zu Liebe muss man ihn ja mal gesehen haben.
Filigrane Schrift kündigt den Film an bevor Parnassus’ Wagen, den man sich ungefähr so vorstellen sollte wie den Fahrenden Ritter aus Harry Potter 3 -nur etwas altmodischer- die Straßen Londons durchkreuzt.

Die Tatsache, dass er von Pferden gezogen wird irritiert
- Der Zuschauer weiß nicht, in welcher Zeit er sich befindet. Ohnehin ist der ganze Film ziemlich verwirrend, hat man doch am Ende immer noch nicht alles verstanden. Vielleicht war es Terry Gilliams Absicht, das Geheimnis der Fantasie bis zu einem bestimmten Grad zu wahren. Immerhin wird man schon ziemlich weit in die Gedankenwelt des Dr. Parnassus, die für jegliche Protagonisten streng geheim ist, eingeführt: 
Je nachdem, welche Person sie betritt, ist sie dekoriert mit Juwelen und modischen Accessoires, Seifenblasen pustenden Süßigkeiten oder himmelstrebenden Leitern. Zum Teil erinnern diese Fantasiewelten doch sehr an Tim Burton‘s "Charlie und die Schokoladenfabrik", wobei sie von der Geschichte her völlig verschieden sind.
Gilians Ideen sind allerdings mindestens genau so interessant, schließlich stellt man sich den Teufel oft als rot-schwarzes Monster mit Dreizack vor. Tom Waits
aber sieht einfach nur aus wie ein etwas betagter Gentleman mit schwarzem Anzug und Melone. Als Komponist, Drehbuchautor, Sänger und Schauspieler ohnehin ein erfolgreiches Multitalent, beweist er auch hier sein Können: Als wettsüchtiger Teufel, der ganz gelassen seine Zigarillos raucht. Aber das ist nicht das einzige, womit Terry Gilliam aufwarten kann. Neben grandiosen Effekten überzeugen auch subtile Witze den Zuschauer.
Es sind nicht diese "Soll" Lachstellen, wie bei etlichen Komödien, deren Kunst auch unser Freund Til Schweiger sehr gut beherrscht. Es sind eher diese Witze, die einen nicht wie der Fettgeruch einer Pommesbude überfallen
und einnebeln, sondern die einen ganz sachte an der Nase kitzeln.
Auch die Darsteller tragen ihren Teil dazu bei, sie sind die Moleküle, die den Geruch intensivieren. Neben Heath Ledger, der seine Paraderolle sicherlich nicht in diesem Film spielte, waren auch andere Filmgrößen wie Johnny Depp oder Colin Farell mit von der Partie. Sie verkörperten Tony in Parnassus’ Gedankenwelt und sehen Hauptdarsteller Ledger in diesen Szenen wirklich ähnlich. Nur der dritte im Bunde -Jude Law- kann hier nicht ganz mithalten. Selbstverständlich erkennt man Depp und Farrell als sie selbst, dennoch sind sie eine gute Wahl für die gezwungene Ersatzbesetzung. Nur Jude Law wirkt in der Rolle des Tony irgendwie verkleidet und unecht. Ganz anders als Andrew Garfield als Anton - offensichtlicher Verehrer von Valentina und Darsteller bei Parnassus -, der die Herzen des Publikum durch sein Können und seine sympathische Figur ziemlich schnell gewinnt. Von großer Filmerfahrung kann man bei ihm nicht sprechen, er drehte bis jetzt erst fünf Filme, darunter "Von Löwen und Lämmern".

Doch darf man beim Backen nicht vergessen, aus den einzelnen Zutaten einen ganzen Kuchen zu machen. Terry Gilliams Kuchen besitzt zwar eine leckere Glasur, doch die Füllung ist versalzen. Die Story ist im Grunde eine tolle Idee, doch hätte man viel mehr daraus machen können. Ein wenig mehr Spannung wäre nicht schlecht gewesen. Auch wenn das Ende keineswegs vorhersehbar ist, sind viele Elemente der Geschichte und Figurenbeziehungen von vorne herein zu offensichtlich, um mehr über die Hintergründe erfahren zu wollen.

von Mara 16 Jahre, Redaktion Köln 1 am 22.06.2010, Format: Film

Fazit

Terry Gilliam hätte hiermit ein Meisterwerk schaffen können, entschied sich aber dafür, das Publikum mit einer interessanten Idee, die einigermaßen schlecht umgesetzt wurde, zu langweilen.

Weitere Informationen

  • Frankreich/Kanada 2008
  • Drama/Fantasy
  • Regisseur/in: Terry Gilliam
  • Darsteller/innen: Christopher Plummer, Andrew Garfield, Lily Cole, Heath Ledger, Tom Waits, Johnyy Depp, Colin Farrell, Jude Law
  • FSK: ab 12 Jahren
  • Länge: 122 min.

Gesamtwertung

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