Das Drachenmädchen

Ein Auslandsjahr würde ich in dieser Schule nicht machen wollen - einen Film darüber sehen schon!

Eine packende Dokumentation über das Leben dreier Mädchen in der Kung Fu Schule "Shaolin Tagou". Die Mädchen werden durch den psychologisch wie physisch anstrengenden Alltag begleitet. Durch harte Arbeit und Disziplin werden dort Kinder zu Höchstleistungen getrieben.

Im Gegensatz dazu steht das Shaolin-Tempel, in dem Mönche durch langwierige Übungen und Meditation eine mentale Stärke erreichen wollen. Für sie ist Kung Fu eine Lebensphilosophie, die sich nur durch die Bekehrung zum Buddhismus perfektionieren lässt.

Bei dieser Dokumentation weiß man schon von Anfang an, was einen erwartet. Die erste Szene ist gewaltig und beeindruckend, doch auch etwas einschüchternd, was im Grunde die Stimmung des gesamten Films zusammenfasst. Doch bei einer Dokumentation dieser Art ist das kein Negativpunkt - ja, sogar nötig. Durch diese Szene ist sofort das Interesse des Zuschauers geweckt - die monotone und doch beeindruckende Disziplin der Schüler, die in perfekt koordinierten Bewegungen den Platz überströmen, flößen einem gewaltigen Respekt vor ihnen ein. Das einzige, was ich in diesem Moment denken konnte, war, dass so etwas in Deutschland ein gigantischer Skandal wäre. Die Bedingungen in der Schule sind kaum vertretbar. Ihr Alltag ist von Regeln bestimmt, die nicht zu brechen sind. Morgens um 5:40 aufstehen, einlaufen, Morgentraining, Frühstück, mehr Training, Gruppentraining, Mittagessen, kulturelle Bildung, Training, Abendessen, Zähne putzen und früh ins Bett. Der einzige freie Tag der Woche ist Sonntag, und selbst da trainieren die meisten.

Dieser harte Alltag wird in dem Film gut eingefangen. Die drei Mädchen, deren Leben inner- und außerhalb der Schule begleitet wird, sind aus verschieden Altersgruppen, aus verschiedenen Regionen und kommen mit ihrer Situation klar.

Das erste Mädchen ist neun Jahre alt, im Elite-Team und sieht ihre Eltern einmal im Jahr. Obwohl ihr Vater meint, dass er sie nur besuchen kommt, wenn sie den ersten Platz belegt, liebt sie ihre Eltern und mag es, auf die Schule zu gehen. Auf einem Video von ihr, als sie sieben ist fragt jemand sie, was sie werden möchte. Eine Soldatin, antwortet sie.

Das zweite Mädchen ist Fünfzehn und fühlt sich der Situation oft nicht gewachsen. Sie hat ihre Eltern nicht mehr gesehen, seit sie zwei Jahre alt ist und vermisst diese oft - den Kontakt hält sie durch Telefonate.

Das dritte Mädchen ist siebzehn und geht schon das zweite Mal auf die Shaolin Tagou. Sie fühlte sich so sehr unter Druck gesetzt, dass sie von der Schule flieht. Als sie von ihren Adoptiveltern gezwungen wird, wieder dorthin zurückzukehren, ist sie so verzweifelt, dass sie überlegt, sich von dem Dach zu stürzen.

"Das Drachenmädchen" ist eine gewaltige, beeindruckende Dokumentation. Es wird sehr gut dargestellt, wie schwer die Lebensbedingungen für die Schülerinnen und Schüler sind. Schikanen durch die Lehrer gehören zum Alltag, werden allerdings von den meisten Schülern akzeptiert. Gerechtfertigt wird das alles von dem Schulleiter und verschiedenen Trainern. Ja, das Training sei hart, doch durch diese Disziplin werden später "starke Menschen mit starken Körpern, die im Leben eine Chance haben." Auch viele von den Kindern akzeptieren diese Philosophie. Auch die Kameraführung und die Musik stimmen sehr gut mit der Stimmung des Films überein und so macht es Spaß, ihn zu sehen.

Der größte Negativpunkt an diesem Film ist die Länge. Es ist ein interressantes Thema, und der Film ist auch interressant, man guckt ihn gerne, doch nach einiger Zeit denkt man bei sich "Okay, ich habe die Botschaft jetzt verstanden", und der Film geht trotzdem noch zwanzig Minuten weiter. Man hätte ruhig hier und da einige Szenen kürzen oder ganz weglassen können, denn so zieht sich der Film trotz seiner kurzen Laufzeit von etwa eineinhalb Stunden etwas. Ein weiterer Punkt, der mich etwas gestört hat, war, dass einige Szenen etwas durcheinander gewürfelt waren. Bei einigen Szenenwechseln und Schnitten bekam man den Eindruck, hier hätter der Cutter etwas willkürlich durcheinander geworfen. Dies war allerdings nur bei einigen Szenen der Fall und fiel nur etwa 6-9 Mal im gesamten Film negativ auf.

Wer sollte sich diesen Film anschauen? Erst einmal jeder, der Dokumentationen mag und gern welche schaut, die gute Musik und ein interressantes Thema haben. Doch auch abgesehen davon gibt es sicherlich viele Leute, denen er gefallen könnte. Jemand der gern Filme mit Kampfsportarten schaut, wird es sicherlich interressant finden, zu sehen wie so eine Ausbildung abseits von "Karate Kid" aussieht.

Wer sollte sich diesen Film nicht anschauen? Jemand, der Dokumentationen und Vorhersehbarkeit hasst. Ich denke, dass jemand, der Dokus auf den Tod nicht ausstehen kann, auch hierbei nicht den größten Spaß haben wird. Da man auch schon aus der Beschreibung in etwa entnehmen kann, was in dem Film passieren wird - und in Dokumentationen gibt es auch keinen allzu starken Spannungsbogen - sollte man sich ihn nicht anschauen, wenn man die Unvorhersehbarkeit liebt. Auch bei Kindern unter sechs Jahren würde ich vorsichtig sein, da es einige Stellen gibt, die sehr düster sind.

von zoe.cp13 14 Jahre, Redaktion Cinepänz Köln 2013 am 17.11.2013, Format: Film

Fazit

Ein beeindruckender, sehr interressanter Film über ein beeindruckendes Thema, den man gern guckt, der jedoch auch seine Schwächen hat.

Weitere Informationen

  • Deutschland 2013
  • Dokumentation
  • Regisseur/in: Inigo Westmeier
  • Darsteller/innen: Xin Chenxi, Chen Xi, Huang Luolan
  • FSK: ab 6 Jahren
  • Länge: 94 Minuten min.
  • Verlag: polyband Medien GmbH

Gesamtwertung

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