Dangerous Girls

Ist Schuld gleich Schuld? Kann man vor Gericht Schuld feststellen oder ist es nur eine subjektive Sichtweise?

Elise Warren ist tot. Und ihre beste Freundin Anna Chevalier soll sie ermordet haben. Zumindest denkt das Klaus Dekker, der Staatsanwalt auf Aruba. Die Clique um Elise und Anna hat dort die Spring Break Ferien verbracht, bevor sie die High School beendeten.
Vor Gericht versucht Dekker, Annas Schuld zu beweisen, wobei einige Indizien sowohl dafür als auch dagegen sprechen.
Doch die alles entscheidende Frage bleibt: Ist Anna schuldig? Und wie befindet die Richterin?

Der Roman hat drei Erzählzeiten. Zum einen geht es um Erinnerungen und die Vergangenheit, sowohl Jahre vor dem Urlaub als auch die Zeit auf Aruba vor dem Mord. Dann gibt es auch noch die Zeit vor dem eigentlichen Prozess, wo es erst einmal um die Frage geht, ob es einen richtigen Prozess geben wird und um Annas Zeit im Gefängnis. Und zu guter Letzt ist da die eigentliche Gerichtsverhandlung. Dadurch dringt man tiefer in die Geschichte ein und lernt die Charaktere und vor allem Anna und Elise kennen.
Die Handlung dreht sich größtenteils um die Schuldfrage, die vom Staatsanwalt nur sehr einseitig beleuchtet wird. Dabei merkt man schnell, dass mehrere Personen die Täter sein könnten und Anna sehr naiv ist. Sie ist als Figur sehr interessant, da sie einerseits vernünftig und klug zu sein scheint. In der nächsten Szene ist sie dann aber risikobereit, naiv und immer wieder auch gewalttätig. Anfangs ist sie einem sehr sympathisch, aber man bekommt schnell Zweifel an ihr und ihrem Verhalten. Wobei man gleichzeitig an das Gute in ihr glauben möchte.
Vor allem aber Annas und Elises Freundschaft wird gut in den Erinnerungen beleuchtet. Die beiden agieren schon fast wie Seelenverwandte, da sie eine Zeit lang nur einander haben. Dadurch wirken sie manchmal schon fast abhängig von einander und es wird auch die krankhafte Seite ihrer Freundschaft beleuchtet. Beide gehen über viele Grenzen, wenn sie zusammen sind und haben keinerlei Angst vor den Konsequenzen. Es ist, als hebe die eine das Schamgefühl der anderen auf und umgekehrt.
Der Staatsanwalt avanciert schon recht bald zum Bösen, da er mehr als unsympathisch auftritt und zeitweise recht willkürlich zu ermitteln scheint. Außerdem merkt man, dass er nicht allzu seriös und gut in seinem Job ist und in Anna einfach einen geeigneten Sündenbock sieht.
Eine weitere wichtige Figur ist Tate, Annas Freund und anfangs der zweite Hauptverdächtige. Ihn rettet bloß sein Geld, was Dekker nur noch korrupter erscheinen lässt. Trotzdem spielt Tate eine wichtige Rolle im ganzen Drama, auch wenn man diese erst spät durchschaut. Entscheidend ist aber vor allem seine Rolle in Annas und Elises Freundschaft. Er kommt mit Anna zusammen und fordert ihre Zeit und Aufmerksamkeit, was einen Keil zwischen die beiden Freundinnen treibt, auch wenn sie alles dafür tun, damit das nicht passiert. Als Leser hinterfragt man Annas Gefühle für Tate. Es ist nicht wirklich nachvollziehbar, was sie an ihm findet und auch ihre Abhängigkeit von ihm ist ein Zeichen von Unreife seitens Anna.
Schade ist nur, dass die Clique relativ oberflächlich bleibt. Man erfährt nicht viel über Max, Chelsea, AK. Sie sind an und für sich recht interessant und man hätte mehr aus der Clique machen können. Mel, ein weiteres Mitglied der Clique, wird nur ein wenig mehr beleuchtet, wobei es auch an der gemeinsamen Vergangenheit von ihr und Elise liegt. Doch auch über sie würde man gerne mehr erfahren, um sie noch realer erscheinen zu lassen. Und ihre spätere Rolle ein wenig glaubhafter zu machen.
Der Schreibstil der Autorin sorgt dafür, dass man gerne weiterliest und unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Und man lernt auch, dass wahre Schuld und Schuld im Sinne des Rechtssystems nicht Hand in Hand gehen müssen. Wer vor Gericht für schuldig gesprochen wird, muss nicht wirklich der Täter sein. Und bis zum Schluss bleibt offen, ob Anna Elise wirklich getötet hat. Zwar gibt es einige Hinweise dazu, wer es wahrscheinlich getan hat, aber man bekommt keine eindeutigen Beweise geliefert, wodurch der Täter eine reine Spekulation bleibt. Aber genau diese offene Frage ist es, durch die die Geschichte so real erscheint. Anna wird von Medien verurteilt und das führt dazu, dass kaum jemand ihr Glauben schenkt. Es ist eine beinahe aussichtslose Situation, vor allem da Annas Familie nicht reich ist und sie sich keine große Unterstützung kaufen kann. Sie kann nur auf wenige Menschen zählen und wird von einigen verraten, was sie in noch größere Verzweiflung stürzt. Der Leser beginnt, sie zu bemitleiden. Dadurch entsteht aber auch eine gewisse Sympathie ihr gegenüber. Denn sie scheint ein hilfloses Mädchen zu sein, dem im Ausland ein schreckliches Schicksal droht.

von stefanie 18 Jahre, Redaktion Köln 2 am 10.02.2017, Format: Buch

Fazit

Ein genialer Thriller mit einer offenbleibenden Schuldfrage und moralischen Fragen, die den Leser noch lange nach der letzten Seite begleiten.

Weitere Informationen

  • 2014
  • Thriller
  • Autor/in: Abigail Haas
  • Seiten: 416
  • Originalsprache: Englisch
  • Verlag: cbt

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