Coco Chanel - Der Beginn einer Leidenschaft
Beginn des Films: Waisenhaus um 1893.
Gabrielle und ihre Schwester Adrienne wachsen bei Nonnen auf und warten jedes Wochenende vergeblich auf den Besuch ihres Vaters.
Dann ein Schnitt.
Die beiden Schwestern arbeiten mittlerweile in einer Bar, schneidern Kostüme und singen dort allabendlich das Lied "Qui a vu Coco", welches Gabrielle ihren berühmten Spitznamen einbrachte.
Dort lernt sie den reichen Etienne Balsan kennen, der ihr nur oberflächliche Gefühle entgegen bringt, doch von Gabrielle gekonnt ausgenutzt wird.
Ein gescheitertes Verhältnis zu Balsans Freund Arthur "Boy" Chapel (die Ähnlichkeit der beiden Nachnamen ist Zufall) verstärkt Cocos Willen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, und sie stürzt sich in die Arbeit als Schneiderin.
Daraus resultieren die Werke der Marke Chanel, welche zwar den gängigen Modeerscheinung wiedersprechen, aber gerade deshalb sehr erfolgreich sind.
Mit einer viel beklatschten Modenschau endet der Film.
Wer Kitsch, eine glitzernde Modewelt oder eine Liebeskomödie erwartet, wird enttäuscht. Der Film ist grau und trist, Frau Chanels Lebensverlauf ebenso, und sie trägt erst im letzten Drittel schöne Mode.
Zu Anfang fragt man sich, welche der ganzen Menschen in der völlig überfüllten Bar eigentlich Coco ist. Und warum die Dame auf der Bühne von einem Hund singt, obwohl ihr kaum einer zuhört.
Dann erkennt man, dass Coco gerade diese unscheinbare Frau mit dem grauen Kleid ist, die wohl mit ihrer Arbeit nicht unzufriedener sein könnte. So hätte man den Auftritt einer späteren Stilikone wohl nicht erwartet. Generell lassen ihr Sträuben gegen alles und jeden, die schnippischen Antworten und ihr starker Zigarettenkonsum Coco Chanel eher unsympathisch erscheinen. Das macht es allerdings leichter, nicht allzu sehr mittzufühlen mit dem armen kleinen Mädchen, dessen Vater sich so wenig für sie interessiert, dass er sie beim Abliefern im Waisenhaus nicht mal ansieht. Ein Punkt, der in diesem Zusammenhang wohl eher positiv zu bewerten ist.
Dabei begleitet man die Reise der kleinen Familie das ganze Intro über, ohne nennenswert interessante Landschaftsbilder und unterlegt mit Musik, die nett beginnt, sich aber leider absolut nicht steigert.
Dann ist da die junge Erwachsene, die sich mit Arbeit überhäuft, nur bedingt Erfolg hat und sich dann auch noch von einem Mann ausnutzen lässt, der sie nur als Bettmädchen sieht, ihr aber verbietet vor seine Freunde zu treten. Dass Coco ihn nicht einfach sitzen lässt und sich eine andere Bleibe sucht, scheint unverständlich.
Der Handlungsstrang hellt ein wenig auf, als sie Boy kennenlernt und er der einzige Mensch scheint, dem sie auch menschliches, gefühlvolles Verhalten entgegen bringt.
Eine Identifizierung mit Coco gelingt also nur bedingt, unter anderem als sie ein Vorsprechen in einem Pariser Etablissement gekonnt in den Sand setzt und man sich 50 Sekunden lang fremd schämt.
Wie bereits angedeutet, ist der Soundtrack eher mittelmäßig, zumal man von Alexandre Desplat ("Harry Potter und die Heiligtümer des Todes 1&2") eigentlich interessantere Musik gewöhnt ist, die nicht bloß zum Nebenherklimpern, sondern auch zum Hinhören anregt. Hier allerdings schafft er gerade mal einen Hintergrund, der zwar zu den jeweiligen Szenen passt, aber nicht ausschöpfend auf die Gemütszustände der Protagonisten eingeht.
Sehr überzeugend dagegen sind die Kostüme. Der Kontrast zwischen den protzigen, federgespickten Kleidern der feinen Damen, die Coco so verpöhnt, und ihre eigenen, dagegen geradezu langweilig schlichten Gewänder ist deutlich und zwingt den Zuschauer, sich für eine Seite zu entscheiden. Die tristen Kleider machen Coco in diesem Fall allerdings erst später zur Stilikone und zunächst zur Außenseiterin.
Diese Tatsache ist eine Grundeinstellung des Films und macht so die Annäherung an Gabrielle Chanel interessant. Es ist eben keine aufgehübschte Biographie, in der nur die schönen Seiten eines im Grunde freudlosen Lebens angesprochen werden.
Im Gegenteil: Sie ist die Rebellin, die das Schönheitsideal der Zeit abstoßend findet und mit schlichten, teilweise männlich anmutenden Kleidern versucht, dagegen anzugehen.
Mit Erfolg. Balsan fühlt sich optisch nicht angesprochen und die vielen wohlhabende Damen wollen selbt ein Teil dieser modischen Revolution werden.
Doch die späten Erfolge reichen nicht, um die schlechten Erinnerungen daran, ungeliebt zu sein, zu verdrängen.
Coco Chanel war zwar fleißig, kampfbereit und erfolgreich, doch trotz allem kein glücklicher Mensch.
von Redaktion Köln 1 am 07.02.2012, Format: Film
Fazit
Eine gut recherchierte Biographie, die aber auf die von Karl Lagerfeld geprägten Chanel-Fans eher ernüchternd wirken wird.Weitere Informationen
- Frankreich 2009
- Drama/Biographie
- Regisseur/in: Anne Fontaine
- Darsteller/innen: Audrey Tautou, Benoît Poelvoorde, Alessandro Nivola, Marie Gillain
- FSK: ab 6 Jahren
- Länge: 110 min.
Gesamtwertung
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