Anna Karenina

Eine Innovation im ausgelutschten Genre des Kostümfilms!

Russland 1874. Anna Karenina führt mit ihrem Gatten, einem hohen Regierungsbeamten, und ihrem Sohn, den sie über alles liebt, ein ziemlich freies und harmonisches Familienleben. Auf dem Weg zu ihrem Bruder begegnet sie erstmalig dem jungen Graf Wronskij, der ihr zurück nach Petersburg folgt und auf jeder Veranstaltung auftaucht, die Anna besucht.
Nach einer Ballnacht beginnen sie eine Affäre, die der Petersburger Gesellschaft keinesfalls verborgen bleibt. Ihr Mann vertraut Anna zwar, doch nimmt die Affäre kein Ende und Annas Bekannte distanzieren sich zunehmend…

Tolstoi ist vermutlich nicht der erste Stoff, der einem in den Sinn kommt, wenn man über Literatur nachdenkt, die verfilmt werden könnte. Getraut haben es sich seit 1914 dennoch einige Regisseure und eine Regisseurin. Neuester in der Riege ist Joe Wright, der sich nach "Stolz und Vorurteil" (2005) und "Abbitte" (2007) dieses Jahr nun an seine dritte historische Verfilmung gewagt hat.
Diesmal handelt sich sich aber nicht um eine mehr oder minder interessante Abhandlung des historischen Stoffes, sondern um ein Experiment. Wright verlegt seine Handlung zum Teil ins Theater. "Anna Karenina" beginnt auf einer großen Bühne, deren Bühnenbild dem Publikum eine Beschreibung von Ort und Zeit der Handlung gibt. Das Bild hebt sich und wir tauchen ein in die Handlung, die sich während der 130 Minuten immer wieder von der Bühne entfernt und zu ihr zurückkehrt. Der Regisseur spielt mit dem Publikum, mal sitzt es im Theater und sieht, wie das Bühnenbild aufgebaut wird, mal sitzt es im Kino und rückt so nah an das Geschehen, wie möglich.
Joe Wright ist hiermit ein Experiment eingegangen. Ein Experiment, das ihm wahrhaft gelungen ist; Der Wechsel zwischen Theater und Publikum funktioniert nahtlos, er gleicht einem Zug, dessen Passagiere durch die unterschiedlichsten Landschaften fahren und eine so schön finden wie die andere, aber nicht bemerken, wie die eine in die andere übergeht.
Auch beschreibt Wright mit seinem neuesten Werk nicht nur ein einziges Genre. Mit seiner dramatischen Literaturverfilmung hat er gleichzeitig einen historischen Streifen gedreht und nutzt Elemente des Musicals. Auch außerhalb der Bälle drehen sich die Protagonisten zwischen Tischen hindurch oder vollführen rythmische Bewegungen.  Der ganze Rahmen ist schön ausgeschmückt mit wundervollen Kostümen von Jacqueline Durran und einem Score von Mario Marianelli, welcher bereits die letzten Filme des Regisseurs musikalisch untermalte. Dieser klebte die unterschiedlichen Elemente zu einem harmonischen Bild zusammen, in dem die Schauspieler nun frei agieren können. Dabei überzeugt vor allen Dingen Jude Law - hinter Brille und Bart kaum erkennbar -, der den versteckten Schmerz des Karenin sensibel an die spürbare Oberfläche bringt. Keira Kneightly spielt die Rolle der Anna zwar nicht schlecht, doch hätte man sie genauso gut aus "Abbitte" heruasschneiden und in "Anna Karenina" einfügen können - das Ergebnis wäre das gleiche gewesen. Aaron Taylor-Johnson als der junge Liebhaber spielt keine anspruchsvollen Charakter, erfüllt dessen Ansprüche allerdings völlig.

von Mara 19 Jahre, Redaktion Köln 1 am 09.04.2013, Format: Film

Fazit

Es mag anspruchsvollere Verfilmungen geben, es mag Verfilmungen geben, welche die Buchvorlage gelungener umsetzen, aber diese Verfilmung ist innovativ, originell, erfrischend und im großen und Ganzen gelungen. "Anna Karenina" ist ein Augenschmaus, nicht nur für Theater und Literaturliebhaber.

Weitere Informationen

  • Großbrittanien, Frankreich 2012
  • Musical/Drama
  • Regisseur/in: Joe Wright
  • Darsteller/innen: Keira Kneightley, Aaron Johnson, Jude Law
  • FSK: ab 12 Jahren
  • Länge: 130 min.
  • Verlag: Unbekannt

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